Verdacht China-Spionage: Mitarbeiter von AfD-Abgeordnetem festgenommen

23.04.2024 17:17

Es ist der zweite aufsehenerregende Spionage-Verdacht binnen zwei
Tagen. Ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Krah soll für China
gearbeitet haben. Rufe nach weiteren Konsequenzen werden laut.

Dresden/Karlsruhe (dpa) - Ein Mitarbeiter des deutschen
AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah ist wegen des Verdachts der
Spionage für China festgenommen worden. Über die Festnahme am
Vorabend in Dresden berichtete der Generalbundesanwalt (GBA) am
Dienstag ohne Krah zu nennen. Der Festgenommene soll laut GBA
Informationen aus dem Europäischen Parlament weitergegeben haben. 

Krah selbst reagierte zunächst zurückhaltend auf Meldungen über die
Festnahme eines Mitarbeiters. Bei X (früher Twitter) schrieb der
AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl am Dienstag: «Von der
Festnahme meines Mitarbeiters Jian Guo habe ich heute Vormittag aus
der Presse erfahren. Weitere Informationen liegen mir nicht vor. Die
Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende
Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde
dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich
ziehen.» Der «Bild»-Zeitung sagte Krah am Flughafen in Straßburg,
sein Mitarbeiter habe seiner Kenntnis nach nur «Kontakte zu
offiziellen chinesischen Stellen in der Botschaft» gepflegt.

Der Mitarbeiter wurde laut Bundesanwaltschaft vom Landeskriminalamt
Sachsen am Montag in Dresden festgenommen. Wohnungen des
Beschuldigten wurden demnach durchsucht. Laut GBA wird ihm
Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem
besonders schweren Fall zur Last gelegt. 

Der deutsche Staatsangehörige Guo soll Mitarbeiter eines chinesischen
Geheimdienstes sein. Seit 2019 soll er für ein deutsches Mitglied des
Europäischen Parlaments gearbeitet haben, laut ARD und «Zeit» schon
damals für Krah. Seit vergangenem Januar soll er laut
Generalbundesanwalt wiederholt Informationen über Verhandlungen und
Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben. Zudem habe er
für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland
ausgespäht, hieß es. Im Laufe des Tages sollte er dem
Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. 

Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es am Dienstag: «Die
Meldungen über die Verhaftung eines Mitarbeiters von Herrn Krah wegen
Spionageverdachts sind sehr beunruhigend. Da uns derzeit noch keine
weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren
Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten.» Ein AfD-Sprecher
sagt, die Partei werde alles unternehmen, um die Aufklärung zu
unterstützen.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte: «Sollte sich der
Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie.»
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Spionagevorwürfe
«äußerst schwerwiegend». Außenministerin Annalena Baerbock (Grü
ne)
sagte, es sei traurigerweise nicht überraschend, «dass wir in den
letzten Monaten vermehrt sehen, was vorher schon viele wussten, dass
Antidemokraten weltweit versuchen, Demokratien auch von innen
auszuhöhlen durch unterschiedliche Mittel». 

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer reagierte empört. «Wer

spioniert, wer sich bestechen lässt, schadet Deutschland, verrät die
Menschen und unser Land», erklärte der CDU-Politiker im sächsischen
Schmilka. «Ich halte das für widerwärtig und charakterlos.» Der
Umgang mit diesen Leuten richte die gesamte Partei. Wenn man in diese
«rechte Ecke» schaue, sehe man einen Sumpf, «der so groß ist, dass

man ihn auch nicht trockenlegen kann, weil es einfach eine Frage von
Charakteren ist, die sich dort sammeln».

Scharfe Kritik kam auch von anderen Politikern, die teils Krahs
Rückzug forderten. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte

der «Rheinischen Post»: «Es ist absolut indiskutabel, einen
Spitzenkandidaten zu haben, der sich mit derartigen Vorwürfen
auseinanderzusetzen hat.» Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes
Strack-Zimmermann kritisierte auch den AfD-Europakandidaten Petr
Bystron, der sich Vorwürfen erwehrt, möglicherweise Geld für
prorussische Propaganda bekommen zu haben: «Beide müssten nach
menschlichem Ermessen ihre Kandidatur niederlegen, statt unserem Land
weiter zu schaden», sagte sie dem Berliner «Tagesspiegel». 

Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der AfD eine Gefahr für die
nationale Sicherheit. «Es braucht dringend Aufklärung über die
undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu
Vertretern Russlands und Chinas», schrieb er bei X. Der
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der «Rheinischen Post», die AfD
versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen
Machenschaften.

Bereits am Vortag waren drei mutmaßliche Spione für China in
Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden. Die
Bundesanwaltschaft hatte die drei Deutschen wegen Spionageverdachts
festnehmen lassen. Die beiden Männer und eine Frau sollen demnach in
Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie
an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. Zum Zeitpunkt der
Festnahmen hätten sich die Beschuldigten in Verhandlungen über
Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der
maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten, hieß es.

China wies die Berichte über eigene Spione in Deutschland zurück.
«Die Absicht hinter diesem Hype ist ganz offensichtlich, nämlich
China zu verleumden, zu unterdrücken und die Atmosphäre der
Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu untergraben», sagte ein
Sprecher des Pekinger Außenministeriums am Dienstag.