Europarat: Großbritannien soll Asylpakt mit Ruanda zurücknehmen

23.04.2024 12:01

Straßburg (dpa) - Der Europarat hat Großbritannien wegen seines
umstrittenen Asylpakts mit Ruanda scharf kritisiert. «Die Regierung
des Vereinigten Königreichs sollte von der Abschiebung von Menschen
im Rahmen der Ruanda-Politik absehen und die tatsächliche Verletzung
der richterlichen Unabhängigkeit durch das Gesetz rückgängig machen
»,
sagte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty,
am Dienstag in Straßburg. Das Gesetz werfe Fragen zu den
Menschenrechten von Asylbewerbern und zur Rechtsstaatlichkeit im
Allgemeinen auf.

Der Entwurf, dem das britische Oberhaus in der Nacht zum Dienstag
nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum
sicheren Drittstaat. Damit will die Regierung Einsprüche vor
britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern. Der Asylpakt mit
Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in
Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten
sollen. Sie sollen stattdessen nach Ruanda gebracht werden und dort
Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht
vorgesehen. Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen
Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden.
Gegner bezweifeln aber, dass das Gesetz Migranten abschrecken wird.

«Die Verwaltung von Asyl und Migration ist zweifellos ein komplexes
Unterfangen für Staaten, aber sie muss stets in voller
Übereinstimmung mit internationalen Standards erfolgen», sagte
O'Flaherty. 

Der Europarat ist von der EU unabhängig und wurde 1949 zum Schutz von
Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet. Der
zum Europarat gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGRMR) hatte 2022 Großbritannien daran gehindert, Asylsuchende
verschiedener Nationalitäten per Flieger nach Ruanda zu schicken, wo
sie stattdessen einen Asylantrag stellen sollten.