Nach Bewerbung als Modellregion: EU-Kommissar besucht die Lausitz

23.04.2024 06:00

Mit dem Ausstieg aus der Kohle hat die Lausitz die Chance, sich neu
zu erfinden. Sie will europäischer Vorreiter der Energiewende werden.
Nun kommt hoher Besuch aus Brüssel.

Spremberg (dpa/bb) - Die Lausitzer Kommunen erhalten bei ihrem
ehrgeizigen Vorhaben, europäische Modellregion des Strukturwandels zu
werden, Rückenwind von der EU. Der zuständige EU-Kommissar Thierry
Breton hat seinen Besuch in der Region für Mitte Mai angekündigt, wie
die Lausitzrunde mitteilte. Hintergrund ist die Bewerbung des
kommunalen Bündnisses, erstes Net-Zero Valley in Europa zu werden.
Breton wolle sich persönlich von den Möglichkeiten der Region
überzeugen, hieß es. Zu dem Treffen im Industriepark Schwarze Pumpe
an der brandenburgisch-sächsischen Grenze werden unter anderem die
Ministerpräsidenten beider Bundesländer erwartet, zudem Vertreter von
Unternehmen wie der Leag und Arcelor Mittal, von Wirtschaftsverbänden
und Universitäten. 

«Wir sind bereit, eine Modellregion zu werden, haben gute
Ansiedlungsbedingungen, auch die Fördermöglichkeiten im
Strukturwandel stehen zur Verfügung», sagte die Sprecherin für die
Lausitzer Kommunen in Brandenburg, Christine Herntier, der Deutschen
Presse-Agentur. «Unsere Chance besteht in den Zukunftsindustrien und
wenn die EU diese Möglichkeiten schafft, wollen wir diese nutzen».

Das Netto-Null-Industrie-Gesetz (Net-Zero-Industry Act) ist Teil des
grünen Industrieplans. Es soll dafür sorgen, dass mehr saubere
Technologien in der EU produziert werden. Dabei geht es um
Technologien, die die Energiewende vorantreiben und nur geringe bis
gar keine Treibhausgasemissionen verursachen.

Im Februar waren sechs Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nach
Brüssel gereist, um für die Lausitz als Energie-Region zu werben. Sie
hatten dem EU-Kommissar ihre Bewerbung übergeben und ihn eingeladen,
die Region zu besuchen. Das Gespräch war auf Vermittlung des
brandenburgischen Europaparlamentariers Christian Ehler zustande
gekommen. Der Abgeordnete war nach eigenen Angaben maßgeblich an der
Ausgestaltung des Gesetzes Net Zero Industry Act beteiligt, in dem
die sogenannten Netto-Null Valleys verankert sind. Ehler sieht gute
Chancen für die Lausitz als erste europäische
Energiewende-Modellregion.

Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung 2038 ist für die Lausitz
gesetzlich vereinbart. Debattiert wird auch immer wieder ein früheres
Ausstiegsdatum. «Der Lausitz bleibt nichts anderes übrig, als in
Zukunftstechnologien zu investieren», machte Bündnis-Sprecherin
Herntier deutlich. Bei den Gesprächen mit Breton werde es auch um die
notwendige Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen gehen, damit
die im EU-Gesetz verankerten kürzeren Genehmigungszeiten für
Technologien und Projekte eingehalten werden können. 

Mit dem Netto-Null-Industrie-Gesetz will Europa die Attraktivität
seines Wirtschaftsstandorts durch schnellere Genehmigungsverfahren,
gezieltere Aus- und Weiterbildung von und für Fachkräfte der
Netto-Nulltechnologien und einen besseren Marktzugang für
Technologien «Made-in-Europe» stärken.