Angst vor Ölpest: Russlands Schattenflotte beunruhigt Ostseeländer

22.04.2024 19:27

Um Sanktionen der EU zu umgehen, setzt Russland laut Vorwürfen aus
dem Westen auf eine Schattenflotte mit zum Teil kaum seetauglichen
Schiffen. Ostseestaaten fordern jetzt Konsequenzen.

Luxemburg (dpa) - Länder wie Schweden wollen aus Angst vor einer
möglichen Ölkatastrophe in der Ostsee den Kampf gegen den Einsatz der
sogenannten Schattenflotte zur Umgehung von Russland-Sanktionen
verschärfen. Denkbar wäre es, Sanktionen gegen beteiligte
Schiffseigentümer, Betreiber und Versicherungsgesellschaften aus
Nicht-EU-Staaten zu verhängen, erklärte der schwedische Außenminister

Tobias Billström am Montag am Randes eines EU-Außenministertreffens
in Luxemburg. Zudem sei eine intensivere Zusammenarbeit mit
denjenigen Ländern möglich, die die Schiffe registriert hätten oder
sie bislang ihre Häfen nutzen ließen.

Russland wird bereits seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines
westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf
Schiffe zu setzen, die nicht in Hand westlicher Reedereien sind oder
nicht von westlichen Versicherungen versichert wurden. Billström
warnte am Montag, diese Schattenflotte operiere mit Tankern, die kaum
seetauglich seien. Ein großes Ölleck infolge einer Havarie könne
ernsthafte Auswirkungen auf viele Länder haben. 

Schweden und andere EU-Staaten haben nach Angaben von Billström nun
die Europäische Kommission und den Auswärtigen Dienst gebeten, das
Thema bei den aktuellen Planungen für ein 14. Sanktionspaket wegen
des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu
berücksichtigen. Bei ihm soll es nach Angaben aus EU-Kreisen
insbesondere um Strafmaßnahmen gegen Akteure gehen, die bereits
bestehende Russland-Sanktionen umgehen.

Der Preisdeckel war 2022 zusammen mit einem weitgehenden Importverbot
für russisches Öl in die EU in Kraft getreten. Er soll Russland
eigentlich dazu zwingen, Öl künftig für höchstens 60 US-Dollar pro

Barrel (159 Liter) an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Nach
Angaben von Forschern der Kyiv School of Economics wirkte der
Preisdeckel im vergangenen Jahr allerdings zeitweise kaum noch.
Ursache sei wahrscheinlich, dass gefälschte Preisbescheinigungen
bereitgestellt würden, hieß es. Zudem könne Russland verstärkt auf

die «Schattenflotte» setzen.

Um die Wirksamkeit des Ölpreisdeckels zu verbessern, hatte die EU
zuletzt bereits die Überwachungsmaßnahmen und Dokumentationspflichten
verschärft. Damit sollte es für Reedereien künftig schwerer werden,
sich ungestraft an der Umgehung von Russland-Sanktionen zu
beteiligen.