EU-Kommission leitet Verfahren gegen Online-Plattform TikTok ein

22.04.2024 17:58

Die EU-Kommission geht erneut gegen den chinesischen Konzern TikTok
vor. Es drohen empfindliche Strafen.

Brüssel (dpa) - Die Europäische Kommission hat erneut ein Verfahren
gegen die Online-Plattform TikTok eröffnet. Es soll geprüft werden,
ob der chinesische Konzern mit der App TikTok Lite die psychische
Gesundheit von Minderjährigen gefährdet und damit gegen EU-Regeln
verstößt, wie die Kommission am Montag in Brüssel mitteilte. 

Besonders beunruhigt sei man über ein Aufgaben- und
Belohnungsprogramm. Dieses ermögliche es den Nutzern, Punkte zu
sammeln, wenn sie bestimmte Aufgaben in der App-Version TikTok Lite
erfüllen - wie das Ansehen von Videos oder die positive Bewertung
(«Liken») von Inhalten. Dies könne süchtig machen und sei besonders

besorgniserregend für Kinder, da nicht erkennbar sei, dass das Alter
der Nutzer wirksam überprüft werde.

Mit einem endlosen Strom kurzer und rasanter Videos biete TikTok zwar
Spaß und ein Gefühl der Verbundenheit für Kinder, aber es berge auch

Risiken, sagte der zuständige EU-Kommissar Thierry Breton.  Dazu
gehörten Sucht, Ängste, Depressionen, Essstörungen oder geringe
Aufmerksamkeitsspannen.

Die Kommission kritisiert, dass der Konzern die Version der App in
Frankreich und Spanien herausgebracht habe, ohne vorher die damit
verbundenen Risiken in einem Bericht zu bewerten. Ein solcher Bericht
sollte bis zum 18. April vorgelegt werden - nach Angaben der
Brüsseler Behörde hat TikTok das versäumt. 

Die Online-Plattform wird nun aufgefordert, innerhalb von 24 Stunden
eine Risikobewertung der neuen Belohnungsfunktionen vorzulegen,
andernfalls drohten tägliche Geldstrafen. Der Kommission zufolge
können beispielsweise Geldbußen von bis zu 1 Prozent der gesamten
Jahreseinnahmen oder des weltweiten Umsatzes sowie regelmäßigen
Geldstrafen in Höhe von 5 Prozent seines Tagesumsatzes auf TikTok
zukommen. 

Berichten zufolge hat TikTok einen Jahresumsatz von mehreren
Milliarden Euro. Das Unternehmen selbst veröffentlicht keine Zahlen.

Die Kommission gibt TikTok außerdem 48 Stunden Zeit, um nachzuweisen,
dass es die EU-Regeln eingehalten hat und kein ernsthafter Schaden
entstanden ist. Danach könnte die Behörde die Plattform anweisen, die
neuen Funktionen vorerst auszusetzen.

Bereits Mitte Februar hatte die Kommission ein Verfahren gegen TikTok
eröffnet. Es solle geprüft werden, ob der Online-Riese genug gegen
die Verbreitung illegaler Inhalte vorgeht und etwa beim Jugendschutz,
und Werbetransparenz gegen EU-Regeln verstößt, hatte es von der
Kommission geheißen. Zuvor hatte sie eine Voruntersuchung
durchgeführt. Auch gegen X (früher Twitter) hatte Brüssel schon ein
ähnliches Verfahren auf den Weg gebracht. Online-Plattformen werden
von einem neuen EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) verpflichtet,
strikt gegen illegale Inhalte wie Hassrede und Hetze im Netz
vorzugehen.