Reparieren statt Wegwerfen: Neue Rechte für EU-Verbraucher auf dem Weg Von Marek Majewsky, dpa

23.04.2024 14:56

Das Handy geht nach genau zwei Jahren kaputt und es ist günstiger,
sich ein neues zu kaufen, als es reparieren zu lassen? Das soll durch
ein neues EU-Gesetz künftig anders werden.

Straßburg (dpa) - Handys, Staubsauger, Wasch- und Spülmaschinen:
Diese und andere Geräte sollen in der EU künftig repariert werden
müssen, wenn der Kunde es verlangt. Das EU-Parlament hat nun grünes
Licht für ein seit Langem gefordertes «Recht auf Reparatur» gegeben.

Das Vorhaben im Überblick:

Was ist das neue «Recht auf Reparatur»?

In der EU sollen Kunden in Zukunft das Recht haben, bestimmte Geräte
reparieren zu lassen. Betroffenen muss also grundsätzlich eine
Reparaturoption angeboten werden, solange das Produkt noch
reparierbar ist. Konkret geht es vor allem um Haushaltsgeräte und
Alltagsprodukte wie Handys, Staubsauger, Wasch- und Spülmaschinen.
Unter das Gesetz fallen Waren, bei denen die EU bereits in anderen
Rechtstexten Anforderungen an die Reparierbarkeit festgelegt hat. Die
Liste der betroffenen Produkte kann daher in Zukunft noch erweitert
werden.

Hersteller müssen den geplanten Regeln zufolge außerdem Informationen
bereitstellen, um Reparaturen auch unabhängigen Werkstätten zu
erleichtern. Zudem sollen unabhängige Reparaturdienste nicht mehr am
Einbau von gebrauchten oder 3D-gedruckten Ersatzteilen gehindert
werden können. Wenn eine Reparatur technisch nicht möglich ist,
können Verbraucher auch ein Ersatzgerät bekommen. «Für die
Verbraucherinnen und Verbraucher entfallen so lange Wartezeiten für
eine Reparatur», teilte der Branchenverband Bitkom mit. Der
Digitalverband hätte sich aber klarere Regeln gewünscht, in welchen
Fällen dies möglich ist.

Gibt es eine Gewährleistung für reparierte Produkte?

Ja, es soll nach Angaben der EU-Staaten eine Gewährleistung
eingeführt werden, die für ein Jahr nach einer Reparatur gilt. Das
soll sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher darauf
vertrauen können, dass sich eine Reparatur lohnt. 

Welche Auswirkungen hat das Vorhaben auf die Umwelt?

Als die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Umsetzung der neuen
Vorgaben präsentierte, schätzte sie, dass im Verlauf von 15 Jahren
18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 1,8 Millionen
Tonnen Ressourcen eingespart werden und 3 Millionen Tonnen weniger
Abfall anfallen dürften. Wenn sich dies bewahrheitet, werden die
neuen Regeln positive Auswirkungen auf die Umwelt haben, da weniger
Produkte aufgrund kleiner Defekte entsorgt werden. 

Wie werden Reparaturen darüber hinaus gefördert? 

Jeder EU-Staat muss mindestens eine Maßnahme zur Förderung von
Reparaturen einführen. Diese Auflage kann beispielsweise durch
Reparaturgutscheine, durch die sich der Staat an den Kosten einer
Reparatur beteiligt, erfüllt werden. So werden Reparaturen für
Verbraucherinnen und Verbraucher günstiger. Denkbar ist aber auch,
Informationskampagnen durchzuführen oder Reparaturinitiativen Räume
bereitzustellen. Zudem stellt das neue Gesetz laut EU-Parlament klar,
dass Hersteller keine Vertragsklauseln, Hardware oder Software
einsetzen dürfen, die die Reparatur erschweren. 

Welche weiteren Schritte braucht es noch?

Mit der Zustimmung des EU-Parlaments müssen nur noch die EU-Staaten
final zustimmen. In der Regel ist das eine reine Formalität, da
Unterhändler der EU-Staaten daran beteiligt waren, als die neuen
Regeln ausgehandelt wurden. Bundesumwelt- und
Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke zeigte sich zuversichtlich,
dass dies «in Kürze» geschehen werde.  Wenn alle Institutionen
zugestimmt haben, kann der Rechtstext im EU-Amtsblatt veröffentlicht
werden. Dann müssen die Vorgaben innerhalb einer Frist von zwei
Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.