EU-Länder einig über neue Regeln gegen Sozialdumping

24.10.2017 02:30

Frankreichs Präsident Macron jubelt: Er hat sich besonders für eine
Reform der Entsenderichtlinie eingesetzt - jetzt ist sie auf den Weg
gebracht.

Luxemburg (dpa) - Nach jahrelangem Streit haben sich die EU-Länder
auf neue Regeln zum Schutz vor Sozial- und Lohndumping geeinigt. So
sollen entsandte Arbeitnehmer aus anderen EU-Ländern künftig genauso
bezahlt werden wie einheimische Kollegen. Die Sozialminister
billigten diese Reform der sogenannten Entsenderichtlinie in der
Nacht zum Dienstag in Luxemburg. Sie muss nun noch mit dem
Europaparlament abgeglichen werden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich für die Reform stark
gemacht hatte, begrüßte den Durchbruch auf Twitter: «Mehr Schutz,
weniger Betrug», schrieb er. Mit Durchhaltevermögen, Dialog und
Ehrgeiz lasse sich Europa zum Nutzen aller verändern.

Auch der estnische Arbeitsminister Jewgeni Ossinowski sprach als
derzeitiger Ratsvorsitzender von einer Bedeutung für die gesamte
Europäische Union, gerade in einer Zeit, in der viele deren Nutzen
bezweifelten. EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen meinte: «Das wird
ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Sozialdumping.»

Mit der Reform werden nicht nur die für Einheimische geltenden Lohn-
und Entgeltregeln grundsätzlich auch auf entsandte Arbeitnehmer
übertragen. Entsendungen werden auch erstmals EU-weit befristet. Sie
sollen künftig in der Regel nicht länger als zwölf Monate dauern, in

Ausnahmen 18 Monate.

Das Transportgewerbe bleibt allerdings zunächst von der Reform
ausgenommen und soll eigene Regeln bekommen. Die Befristung und die
Ausnahmen für Lasterfahrer waren bis zuletzt umstritten gewesen. Die
Sozialminister verhandelten noch einmal den ganzen Tag über die
Reform, die schon 2016 von der EU-Kommission vorgeschlagen worden
war.

Die Entsenderichtlinie von 1996 regelt den Einsatz von Beschäftigten
über Grenzen hinweg in anderen EU-Ländern. Schon jetzt sind
Mindeststandards für diese Beschäftigten vorgeschrieben, etwa die
Zahlung des geltenden Mindestlohns. Doch fehlen oft übliche
Gehaltsbestandtteile wie Zulagen, Prämien oder Schlechtwettergeld.
Nach Angaben der EU-Kommission verdienen entsandte Arbeitnehmer
derzeit oft nur halb so viel wie einheimische Beschäftigte. Die
Reform soll dies ändern.

Von den Regeln sind europaweit Millionen Arbeitnehmer betroffen. In
Deutschland waren 2016 nach Gewerkschaftsangaben etwa 561 000
Beschäftigte aus Italien, Spanien oder den östlichen EU-Ländern
tätig, die meisten nach Regeln der Entsenderichtlinie.