Britische Minderheitsregierung steht - May macht Brüssel Angebot

26.06.2017 18:44

Erst verspielt sie ihre Mehrheit, dann holt sie sich Hilfe von der
rechten, nordirischen DUP. Die britische Premierministerin May hat
sich mit den Unionisten auf eine Minderheitsregierung geeinigt. Ärger
gibt es wegen ihres Angebots an Brüssel zu EU-Ausländern.

London/Brüssel (dpa) - Fast drei Wochen nach der Parlamentswahl steht
die Minderheitsregierung in Großbritannien. Die Konservativen werden
künftig von der umstrittenen, nordirischen Democratic Unionist Party
(DUP) unterstützt. Ein entsprechendes Abkommen unterzeichneten beide
Parteien am Montag in London. Als Gegenleistung gibt es eine
Milliarden-Finanzspritze für die Ex-Bürgerkriegsregion Nordirland.
Eine formale Koalition gehen die beiden Parteien aber nicht ein.

Kurz danach präsentierte Premierministerin Theresa May ein Angebot
für die Austrittsverhandlungen mit der EU. Alle rund 3,2 Millionen
EU-Bürger in Großbritannien sollen demnach ihr Bleiberecht nach dem
Brexit einzeln beantragen, aber nach einem vereinfachten Verfahren.
May verspricht den Betroffenen rasche Rechtssicherheit, kommt jedoch
nicht allen Forderungen der EU entgegen. Chefunterhändler Michel
Barnier forderte daher «mehr Klarheit und Garantien».

May hatte bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 8. Juni ihre
Regierungsmehrheit verloren. Die Konservativen blieben aber stärkste
Kraft vor der Labour-Partei. Die DUP stellt zehn Abgeordnete.

DUP-Chefin Arlene Foster sagte nach der Einigung, sie sei
«erleichtert». Nordirland brauche eine «starke Stimme» bei den
Brexit-Gesprächen. Die Nordiren bekommen für den Deal eine
Finanzspritze in Höhe von 1,5 Milliarden Pfund (rund 1,7 Milliarden
Euro). Davon war eine halbe Milliarde bereits vor dem Abkommen
zugesagt worden, doch kann das Geld jetzt flexibler eingesetzt
werden. Es soll unter anderem in die Infrastruktur fließen.

Labour-Chef Jeremy Corbyn kritisierte die Einigung: Auch andere Teile
Großbritanniens bräuchten finanzielle Hilfe. Die rechte DUP ist
umstritten, weil sie zum Beispiel die Homo-Ehe ablehnt. May sagte
dagegen, die Tories und die DUP «teilen viele Werte».

Zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland wird
künftig die neue EU-Außengrenze verlaufen. Die Menschen beiderseits
der Grenze fürchten dadurch wirtschaftliche Einbußen.

Kritiker fürchten auch, dass die Vereinbarung mit der DUP den
Friedensprozess in Nordirland gefährden könnte. Denn der Deal mit den
Tories verändert die Machtverhältnisse bei Gesprächen zwischen der
protestantischen Partei und der katholischen Sinn Fein zur
Regierungsbildung in Belfast. Die Koalition war im Januar zerbrochen.

Die neue EU-Außengrenze gehört mit zu den wichtigsten Themen der
Brexit-Verhandlungen - ebenso wie das Schicksal der EU-Ausländer.
Mays Regierung lehnt die Forderung aus Brüssel ab, dass EU-Bürger in
Großbritannien ihre Rechte auch künftig vor dem Europäischen
Gerichtshof einklagen können. Stattdessen sollen britische Gerichte
zuständig sein. May hatte den EU-Gipfel vorige Woche bereits in
groben Zügen von ihrem Angebot informiert.

Für ein dauerhaftes Bleiberecht in Frage kommen sollen nur EU-Bürger,
die vor einem bestimmten Stichtag im Land waren. Den neuen Status
bekommen sie auch frühestens, wenn sie fünf Jahre im Land gelebt
haben. Wer erst nach dem Stichtag kommt, sollte «keine Erwartung
eines garantierten Rechtsstatus» haben, heißt es weiter. Wer als
EU-Ausländer in Großbritannien wiederholt und schwer straffällig
wird, soll von dem Bleiberecht ausgeschlossen werden.