Die AfD und die Medien: Was geht und was nicht? Von Thomas Lanig, dpa

20.01.2017 07:45

Die AfD macht es den Medien nicht leicht: Bei ihren Veranstaltungen
dürfen Journalisten manchmal nicht dabei sein, manchmal werden nur
einige gezielt ausgeschlossen. Beides wirft Fragen auf.

Berlin (dpa) - «Freiheit für Europa»: Das ist der Titel eines
Treffens europäischer Rechtspopulisten am Samstag in Koblenz. Neben
AfD-Chefin Frauke Petry werden dort auch Marine Le Pen vom
rechtsextremen Front National und Geert Wilders, Chef der
niederländischen PVV sprechen. Ein Teil der Medien ist zur
Berichterstattung nicht zugelassen. Die baden-württembergische AfD
hat die Presse mehrfach komplett ausgeschlossen, am Sonntag soll sie
zu einem Landesparteitag in Nürtingen erneut nicht zugelassen werden.

Dürfen Parteien darüber entscheiden, ob sie Medien generell zur
Berichterstattung zulassen oder nicht?

Im Parteiengesetz ist die Zulassung der Medien nicht geregelt.
Allerdings gehen Juristen davon aus, dass die Parteien das nicht nach
Gutdünken entscheiden dürfen. «Parteien haben aufgrund ihrer
zentralen Rolle bei der politischen Willensbildung in einer
freiheitlich demokratischen Grundordnung auch besondere Pflichten»,
sagt der Hamburger Medienrechtler Prof. Stefan Engels. Vor allem bei
Parteiveranstaltungen, auf denen ein Programm verabschiedet wird oder
Kandidaten aufgestellt werden, sei der Presse «zwingend Zugang zu
gewähren.» Das träfe also auf Parteitage zu, nicht aber ohne weiteres

auf das Treffen in Koblenz.

Wie sieht es mit einem selektiven Verbot für Medien aus, wenn also
die einen zugelassen werden und die anderen nicht?

Der Sprecher des Presserats, Manfred Protze, sieht die Parteien in
der Pflicht, einen «diskriminierungsfreien Zugang» zu gewähren. Der
Berliner Medienrechtler Prof. Johannes Weberling sieht das etwas
anders: «Rechtlich möglich ist das. Lediglich die öffentliche Hand
hat die gesetzliche Pflicht nach dem Presserecht, alle Medien gleich
zu behandeln.» Ein Zulassungsverbot für einzelne Medien habe zwar ein
«Gschmäckle», aber unzulässig sei es nicht. Weberling rät zur
Solidarität der Medien: «Da muss man sich als Medium überlegen, ob
man da mitmacht, auch als Medium, das eingeladen ist.»

Was unterscheidet eine Parteiveranstaltung von anderen Treffen?

Für eine private Versammlung, aber auch für die Veranstaltung eines
Unternehmens, gelten andere Regeln als für Parteien. «Wenn es sich um
eine rein private Veranstaltung handelt, sieht das natürlich anders
aus», sagt Medienrechtler Engels. Die Frage ist nur: Was ist eine
private Veranstaltung und was nicht? «Parteien sind etwas anderes als
Sportclubs oder private Vereine», sagt Presserats-Sprecher Protze.
«Die AfD müsste also darlegen, dass es sich nicht um eine
Parteiveranstaltung handelt».

Zum Treffen am Samstag in Koblenz laden die europäischen Rechte ENF
(Europa der Nationen und der Freiheit) im Europaparlament und ihr
deutsches Mitglied Marcus Pretzell von der AfD ein. In der Einladung
heißt es: «In Koblenz versammeln sich die Spitzenpolitiker des neuen
Europa. Sie stehen kurz davor, in ihren Ländern die
Regierungsverantwortung zu übernehmen.» Als privat lässt sich das
Treffen also kaum bezeichnen.

Warum macht die AfD das?

Da gibt es wohl mehrere Gründe. Insgesamt sind in der Partei vor
allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender
(«GEZ-Medien») ziemlich unbeliebt. Es gibt aber vor allem bei
Landesparteitagen auch die Sorge, einzelne Redner könnten durch
unqualifizierte Beiträge das Image der Partei beschädigen. Der
Stuttgarter Landeschef Lothar Maier sagte: «Es war auch die
Erfahrung, dass in der Vergangenheit die wenigen negativen Momente
gesendet und verbreitet wurden, die wohlerwogenen Beiträge aber
nicht.»

Gibt es Auflagen für Medien auch bei anderen Parteien?

Gremiensitzungen sind bei vielen Parteien nicht öffentlich, also
Vorstandstreffen, Klausuren, Beratungen der Fraktionsspitzen etc..
Hier wird in der Regel anschließend auf einer Pressekonferenz
informiert. Parteitage sind aber grundsätzlich öffentlich. Den
selektiven Ausschluss einzelner Medien gibt es nicht. Beschränkungen
können aber immer dadurch entstehen, dass es Platzprobleme gibt, etwa
im Flugzeug bei der Begleitung eines Ministers.

Hat es in der Vergangenheit Benachteiligungen einzelner Medien
gegeben?

Da werden manche Geschichten kolportiert, Belege gibt es aber nicht.
Aktenkundig ist ein Fall aus den 80er Jahren. Die alternative
Tageszeitung «taz» klagte dagegen, dass sie jahrelang von einer
«Mittwochsrunde» beim Berliner Polizeipräsidenten ausgeschlossen war.

Das Verwaltungsgericht gab der «taz» Recht. Der Grundsatz der
Gleichbehandlung und die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit
verböten, dass sich der Präsident aussuchen könne, welche
Journalisten er um sich haben möchte.